Finanzierung und Förderung für Unternehmensgründer und KMU
Die Gründung und der Aufbau eines Unternehmens erfordern nicht nur eine starke Geschäftsidee und eine strategische Planung, sondern auch die richtige Finanzierung. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Start-ups ist die Kapitalbeschaffung oft eine Hürde, da klassische Banken Kredite meist nur bei ausreichenden Sicherheiten und einer nachweisbaren Bonität gewähren. Um KMUs und Gründern den Einstieg zu erleichtern, existiert eine Vielzahl an Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten, die sowohl von der Europäischen Union als auch von nationalen und regionalen Institutionen bereitgestellt werden.
Dieser Leitfaden bietet eine umfassende Übersicht zu den gängigen Förderprogrammen und Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen in Deutschland. Wir klären wichtige Begriffe, erklären die Rollen relevanter Institutionen und gehen auf die Bedingungen und Prozesse zur Beantragung ein. Ziel dieses Leitfadens ist es, Unternehmensgründern und KMU einen klaren Überblick zu verschaffen, wie sie passende Fördermittel identifizieren und effektiv nutzen können.
Grundlegende Bestimmungen und Prinzipien der Finanzierung und Förderung
Der rechtliche Rahmen in der EU
Die Europäische Union hat spezifische Regeln und Vorschriften zur Vergabe staatlicher Beihilfen festgelegt, um den fairen Wettbewerb zu schützen. Gemäß Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind staatliche oder staatlich unterstützte Beihilfen, die den Wettbewerb verzerren könnten, grundsätzlich verboten.
Obwohl der Grundsatz der Wettbewerbsgleichheit in der EU fest verankert ist, gibt es zahlreiche Ausnahmen, die Unternehmen in verschiedenen Situationen und Sektoren die Möglichkeit bieten, staatliche Unterstützung zu erhalten. Die EU differenziert zwischen allgemeinen (horizontalen) Beihilfen, die allen Branchen offenstehen, und sektoralen Beihilfen, die gezielt für bestimmte Wirtschaftszweige wie Landwirtschaft, Fischerei oder Energie bereitgestellt werden.
Horizontale Beihilfen
Horizontale Beihilfen werden in der Regel unabhängig von spezifischen Sektoren oder Regionen vergeben und sind oft darauf ausgelegt, strukturelle Probleme zu beheben oder bestimmte soziale Ziele zu erreichen. Beispiele hierfür sind Förderungen für umweltfreundliche Projekte, Ausbildungsmaßnahmen oder die Förderung von Forschung und Entwicklung.
Sektorale Beihilfen
Sektorale Beihilfen richten sich gezielt an bestimmte Wirtschaftssektoren und Branchen, die von besonderen Herausforderungen betroffen sind. Beispiele hierfür sind Förderungen im Bereich der Fischerei, Landwirtschaft, Energiewirtschaft und des Verkehrssektors. Diese Beihilfen sind oft besonders reglementiert und beschränken sich auf spezifische Projekte und Maßnahmen, die einem übergeordneten öffentlichen Interesse dienen.
Wichtige Begriffe und Prinzipien im Bereich der Förderung
Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO)
[Verordnung (EU) Nr. 651 / 2014 vom 17. Juni 2014, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 187 / 1; Verordnung (EU) Nr. 1084 / 2017 vom 14. Juni 2017, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 156 / 1; Verordnung (EU) Nr. 1237 / 2021 vom 23. Juli 2021, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 270 / 39]
Die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) erlaubt EU-Mitgliedstaaten, bestimmte Beihilfen ohne vorherige Genehmigung durch die EU-Kommission zu gewähren, sofern sie innerhalb festgelegter Rahmenbedingungen bleiben. Diese Regelung ist besonders vorteilhaft für Fördermaßnahmen in Bereichen wie KMU-Förderung, Umweltschutz, Forschung, Entwicklung und Innovation. Durch die AGVO können folgende Beihilfen leichter vergeben werden:
- Regionalförderung zur Unterstützung strukturschwacher Regionen,
- Förderung von Umweltschutzprojekten und erneuerbaren Energien,
- Förderung von Forschung und Entwicklung, insbesondere in innovativen Sektoren,
- Ausbildungsbeihilfen und soziale Beihilfen für benachteiligte Arbeitnehmer
- Beihilfen für Kultur und kulturelles Erbe.
Die AGVO enthält jedoch auch Förderausschlüsse und für welche Beihilfen die AGVO-Regelung nicht gilt, wie zum Beispiel Beihilfen für Fischerei und Aquakultur, Beihilfen für die Primärerzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder für die Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Des Weiteren sind Unternehmen in Schwierigkeiten von den Förderungen ausgeschlossen.
De-minimis-Beihilfen
[Verordnung (EU) Nr. 1407 / 2013 vom 18. Dezember 2013, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 352 / 1]
„De-minimis“-Beihilfen sind kleine Unterstützungsbeträge, die keine spürbaren Auswirkungen auf den EU-weiten Wettbewerb haben. Sie ermöglichen Unternehmen, innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren eine Förderung von bis zu 200.000 EUR zu erhalten, ohne dass eine Genehmigung erforderlich ist. Spezielle De-minimis-Grenzen existieren für bestimmte Sektoren, z. B. den Straßengüterverkehr, wo die Grenze bei 100.000 EUR liegt.
Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung
Diese Art von Beihilfe ist für Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten vorgesehen. Die Fördermittel sind speziell auf die Unterstützung von Unternehmen zugeschnitten, die ohne staatliche Hilfe ihre Tätigkeit aufgeben müssten. Die Kriterien hierfür sind klar definiert: Ein Unternehmen gilt als „in Schwierigkeiten“, wenn es ohne staatliche Unterstützung auf kurze oder mittlere Sicht seine Geschäftstätigkeit einstellen müsste. Dies ist unter anderem der Fall, wenn bei einer GmbH mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals verloren gegangen ist.
Staatliche Bürgschaften
Eine häufig genutzte Form der Beihilfe sind staatliche Bürgschaften, die Unternehmen bei der Absicherung von Krediten unterstützen. Eine staatliche Bürgschaft minimiert das Risiko für die kreditgebende Bank und erleichtert es KMUs, Kredite zu günstigen Konditionen zu erhalten. Die Bürgschaften decken oft einen großen Teil des Kreditrisikos ab und reduzieren so das Risiko für Banken und andere Finanzinstitute.
Finanzierung und Förderung für Unternehmensgründer und KMU auf EU-Ebene
Deutschland erhält von der EU Mittel aus verschiedenen Struktur- und Investitionsfonds, die auf nationale und regionale Bedürfnisse abgestimmt sind. Diese EU-Fonds werden meist in Form von kofinanzierten Programmen umgesetzt, bei denen europäische und nationale Mittel kombiniert werden, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu fördern.
Kofinanzierte Förderung und Strukturprogramme
Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)
[Verordnung (EU) 2021/ 1058 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds]
Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ist einer der zentralen Fonds der EU zur Förderung der regionalen Entwicklung und des sozialen Zusammenhalts. In Deutschland unterstützt der EFRE eine breite Palette an Projekten, von Infrastrukturmaßnahmen bis hin zu Innovations- und Digitalisierungsprojekten für KMUs. Die Fördermittel des EFRE sollen regionale Disparitäten abbauen, strukturschwache Gebiete stärken und eine nachhaltige Entwicklung fördern. Im Fokus stehen:
- Forschung und Entwicklung: Unterstützung von Innovationsprojekten und digitalen Technologien.
- KMU-Wachstum und Beschäftigung: Förderung von Investitionen in produktive Bereiche, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
- Energie- und Umweltprojekte: Unterstützung von Projekten, die erneuerbare Energien und Klimaschutz fördern.
Europäischer Sozialfonds Plus (ESF+)
[Verordnung (EU) 2021/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 zur Einrichtung des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1296 / 2013]
Der Europäische Sozialfonds Plus (ESF+) ist der Hauptfonds der EU für Beschäftigungsförderung und soziale Eingliederung. Der ESF+ zielt darauf ab, Arbeitsplätze zu schaffen, die soziale Inklusion zu fördern und den Fachkräftemangel zu reduzieren. Die Fördermittel des ESF+ kommen insbesondere Projekten zugute, die die Arbeitsmarktchancen für benachteiligte Gruppen, die Chancengleichheit und die Weiterbildung verbessern. Zu den priorisierten Zielen des ESF+ gehören:
- Förderung von Beschäftigung: Unterstützung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen zur Integration von Langzeitarbeitslosen, jungen Menschen und benachteiligten Gruppen.
- Verbesserung des Bildungssystems: Förderung von Projekten, die den Zugang zu hochwertiger Ausbildung und lebenslangem Lernen verbessern.
- Bekämpfung sozialer Ausgrenzung: Unterstützung sozialer Projekte, die die Integration benachteiligter Bevölkerungsgruppen fördern.
Spezifische EU-Förderprogramme für Landwirtschaft und Fischerei
Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)
Diese Fonds sind zentrale Instrumente der EU zur Förderung der Landwirtschaft und der ländlichen Entwicklung. Der EGFL zielt darauf ab, die Einkommen von Landwirten zu sichern und den Agrarsektor nachhaltig zu gestalten. Der ELER hingegen unterstützt strukturelle Anpassungen und Investitionen in ländliche Gebiete, um die ländliche Wirtschaft und Gemeinschaften zu stärken. Die Schwerpunkte umfassen:
- Einkommenssicherung und Krisenfestigkeit für landwirtschaftliche Betriebe,
- Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen: Förderung nachhaltiger Anbaumethoden und Investitionen in erneuerbare Energien,
- Soziale Inklusion und ländliche Entwicklung: Unterstützung kleiner Unternehmen in ländlichen Gebieten und Förderung von Arbeitsplätzen.
Europäischer Meeres- und Fischereifonds (EMFAF)
[Verordnung (EU) 2021/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. Juli 2021 über den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1004]
Der EMFAF unterstützt die nachhaltige Entwicklung der Fischerei und Aquakultur. Ziel des Fonds ist es, die Überfischung zu bekämpfen, die Energieeffizienz zu steigern und eine umweltfreundlichere Fischerei zu fördern. Förderungen aus dem EMFAF richten sich an Projekte, die auf den Schutz mariner Ökosysteme und die nachhaltige Nutzung aquatischer Ressourcen abzielen. Die wesentlichen Förderziele umfassen:
- Nachhaltige Fischerei: Unterstützung für Projekte, die die Fangmethoden umweltfreundlicher gestalten,
- Aquakulturentwicklung: Förderung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Aquakulturproduktion,
- Blaue Wirtschaft: Förderung von Projekten, die Küstenregionen und Inselgebiete wirtschaftlich stärken.
Nationale Finanzierung und Förderung für Unternehmensgründer und KMU
KfW Bankengruppe und Landesförderbanken
Die KfW Bankengruppe spielt eine zentrale Rolle bei der Finanzierung und Förderung von Unternehmen in Deutschland. Sie bietet eine breite Palette an Förderprogrammen, die speziell auf die Bedürfnisse von KMUs und Gründern ausgerichtet sind. Die wichtigsten Programme der KfW umfassen:
Zusätzlich zur KfW gibt es in jedem Bundesland eigene Förderbanken, die ebenfalls zinsgünstige Kredite, Zuschüsse und Programme für regionale Unternehmen anbieten. Beispiele sind die NRW.BANK für Nordrhein-Westfalen und die L-Bank für Baden-Württemberg. Diese Banken bieten häufig maßgeschneiderte Förderungen, die sich an die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Region anpassen.
Bürgschaftsbanken der Bundesländer
Bürgschaftsbanken sind spezialisierte Finanzinstitute, die Bürgschaften für kleine und mittlere Unternehmen bereitstellen, um deren Kreditwürdigkeit zu stärken und den Zugang zu Krediten zu verbessern. In Deutschland existiert in jedem Bundesland mindestens eine Bürgschaftsbank, die KMUs in der Finanzierung unterstützt. Die Bürgschaften decken häufig bis zu 80 % des Kreditbetrags ab und bieten Unternehmen damit eine verlässliche Absicherung gegenüber den kreditgebenden Banken.
Am 1. November 2024 begann ein neues Förderprogramm für Gründerinnen, Gründer und Unternehmensnachfolger. Dieses Programm vereinfacht den Zugang zu Finanzierungsmitteln und bietet den beteiligten Hausbanken größtmögliche Sicherheit.
Die wichtigsten Förderprogramme zusammengefasst
Im Folgenden sind einige der wesentlichsten Förderprogramme des Bundes aufgelistet:
- Förderung von Existenz- und Unternehmensgründungen sowie die Erweiterung junger Unternehmen (in der Regel bis zu fünf Jahren) sowie Unternehmensnachfolge
- ERP-Kapital für Gründung
- ERP-Gründerkredit – StartGeld
- ERP-Förderkredit Gründung und Nachfolge
- ERP-Gründerkredit – Universell
- ERP-Kapital für Gründung
- Förderung unternehmerischen Know-hows
- Mikromezzaninfonds Deutschland
- Unternehmensnachfolge (falls Unternehmen seit mindestens 5 Jahre besteht)
- KfW – Unternehmerkredit
- ERP – Regionalförderprogramm
- ERP-Förderkredit Gründung und Nachfolge
- Förderung von Unternehmenserweiterungen und -festigungen (Investitionen, Betriebsmittel)
- KfW – Schnellkredit 2020
- KfW – Unternehmerkredit
- ERP – Regionalförderprogramm
- ERP – Beteiligungsprogramm
- Direktbeteiligung für Konsortialfinanzierung
- Förderung für Innovation und Digitalisierung
- ERP-Digitalisierungskredit
- ERP-Mezzanine für Innovation
- KfW-Kredit für Wachstum
- BMU-Umweltinnovationsprogramm
- Investitionskredit Digitale Infrastruktur
- Venture Tech Groth Financing
- Konsortialkredit Digitale Infrastruktur